Mit „Männer, die die Welt verbrennen“ (2024) präsentiert Christian Stöcker eine aufrüttelnde Abrechnung mit den Brandstiftern der Klimakrise. Er zeichnet ein erschreckendes Bild von Konzernchefs, Lobbyisten und Politikern, die aus purer Profitgier und Machtstreben die Zukunft des Planeten aufs Spiel setzen. Eine hochaktuelle und sehr aufrüttelnde Lektüre – unbedingte Leseempfehlung!
Im Buch aufgedeckte Machenschaften finden ihr bemerkenswertes Spiegelbild in einer Eigenproduktion des ORF (Erstausstrahlung am 27.11.2024): „Mit oder gegen den Strom – Wohin steuert das E-Auto?“.
Wenn im Jahr 2024 der Umstieg von Verbrenner auf E-Antrieb unverblümt in Frage gestellt wird, dann ist der ORF den Botschaften der Verbrenner-Lobby Punkt für Punkt auf den Leim gegangen.
Dies gibt Anlass, die im Buch aufgedeckten Missstände in den Kontext der Verkehrswende zu stellen, um auch im Mobilitätssektor mit aller Deutlichkeit auf die Sprache und Methoden der Brandstifter hinzuweisen.
Die falschen Botschaften der Weltverbrenner
- Das Festhalten am Verbrenner rettet unsere Arbeitsplätze
- Erneuerbare Energien sind teuer
- Es braucht Technologieoffenheit
- Wir müssen um „unseren“ Verbrenner fürchten
- Der Konsument soll entscheiden
Verbrenner: Welterhitzung auf Rädern
Wir wissen, dass heute marktübliche Pkw ganz unabhängig vom Antriebsstrang tonnenschwere Wohnzimmer auf Rädern sind und viel zu viele Ressourcen und Platz vergeuden, als dass sie auch weiterhin das vorherrschende Verkehrsmittel der Zukunft sein könnten.
Hinsichtlich der Motorisierung von Kraftfahrzeugen ist jedoch mit aller Deutlichkeit festzuhalten, dass
- mit jedem weiteren neu produzierten Verbrenner eine eindeutig negative CO2-Bilanz gegenüber einem E-Auto wissentlich in Kauf genommen wird;
- jeder Verbrenner ungeheuerlich viel Energie in Form von ungenutzter Abwärme umsetzt. Im Schnitt verprassen wir mit unserem Verbrenner mehr als 25 kW, die zusätzlich zur Welterhitzung beitragen;
- der Elektroantrieb mit seinem Gesamtwirkungsgrad jeder anderen Technologie haushoch überlegen ist.
Wohin steuert ORF Dok 1?
US-Schauspielerin und Umweltaktivistin Alexandra Paul warnte Moderator Hanno Settele eindringlich vor milliardenschweren Lobbys, die alles daran setzen würden, das E-Auto abermals zu verhindern – vergeblich.
Hanno Settele leitete seine Dokumentation angesichts jüngster Entwicklungen v.a. in Österreich und Europa zunächst noch durchaus treffend ein, Konsumentinnen und Konsumenten würden sich in einem ideologisch geführten Schlagabtausch für oder gegen E-Autos verunsichert fühlen.
Diese Verunsicherung und sogar Skepsis gegenüber E-Autos wurde aufgrund einer denkbar unvorteilhaften Schwerpunktsetzung und einer Vielzahl unterschwelliger Botschaften leider noch weiter verstärkt:
- Keine Benennung entscheidender Nachteile des Verbrenners: Durch eine sehr einseitige Aufzählung zahlreicher Nachteile von E-Autos wurde der Verbrenner in ein völlig unangemessenes Licht gerückt als legitime, bequemere Wahl für alle Menschen außerhalb einer überprivilegierten Minderheit aus der „Müsli-Ecke“.
- Panzer statt E-Auto: Das vermeintliche Auf-den-Punkt-bringen der Frage „E-Auto ja oder nein“ ausgerechnet anhand des den einleitenden Worten Setteles nach „umstrittensten Autos der Welt“ – einem Tesla Cybertruck – erstickt jeglichen weiteren Versuch einer ideologiebefreiten Wissensvermittlung im Keim.
- Hübsch hässlich: Während Hanno Settele ein Brüderpaar, das sich gänzlich auf den Verkauf von E-Autos spezialisiert hat, mit einem für Konsumenten vollkommen realitätsfremden Streitgespräch rund um den Teslatruck (O-Ton des Moderators: „Und jetzt kommt der da. Darf ich auf eine optische Beurteilung verzichten?“) knebelt, attribuiert Settele das von ihm gewählte Modellauto auf seiner Spielzeugrennbahn als „wunderschönen Benziner aus Amerika“.
- Geschürte Angst: Aus der Zeit gefallene „Abenteuer“ eines Nicht-mehr-E-Auto-Fahrers schüren teils panische Angst, jemals das Verbrenner-Auto, das sich an einen anpasst, zu verlieren.
- Ein Hertz für Verbrenner: Ein sichtlich den Verbrennern zugeneigter Österreich-Chef des Autoverleihers Hertz weiß ausschließlich von negativen Eigenschaften von E-Autos zu berichten, sogar die überlegene Beschleunigung des E-Motors zählt er dazu – um sich letztlich überzeugt zu geben, dass Elektromobilität nicht die Zukunft ist.
- Hertz-Kollaps in Schwechat: Eine rein anekdotische Erzählung des Hertz-Österreich Chefs, Experten hätten ihm mitgeteilt, beim gleichzeitigen Laden von 150 Fahrzeugen würde der Flugbetrieb in Schwechat zusammenbrechen, vermittelt beim unbedarften Zuseher den Eindruck, die Umstellung auf E-Mobilität sei alleine aus diesem Grund niemals realisierbar.
- Kunden gegen E-Mobilität: Der Hertz-Chef und ebenso der WKO-Fahrzeughandel-Spartenobmann führen ins Treffen, ihre Kunden würden E-Autos nicht annehmen. Dass dies unzutreffend ist, beweisen in der Dokumentation gezeigte Verkaufsstatistiken über etliche Jahre hinweg. Auch weist Hanno Settele explizit darauf hin, dass in Deutschland erst der spontane Wegfall der Förderung für E-Autos – also ein gezielter destruktiver Eingriff der Politik zugunsten der Weltverbrenner – zu einem massiven Einbruch des zuvor kontinuierlich steigenden Marktanteils von E-Autos geführt hat. Auch in Österreich sind es nicht a priori abgeneigte Konsumentinnen und Konsumenten, sondern irreführende Botschaften von Nehammer & Co., die für die Weltverbrenner und damit gegen das E-Auto mobil machen.
- Geschürte Unsicherheit: In ihren Interviews weisen die Direktorin des deutschen „CAR“-Instituts sowie der BMW-Steyr Geschäftsführer darauf hin, dass die Automobilhersteller eigentlich Planungssicherheit bräuchten, dass aber diese Planungssicherheit derzeit keineswegs gegeben sei. Für Zusehende verstärkt sich auch hier das Bild, dass man derzeit eher mit einem neuen Verbrenner auf der sicheren Seite sei.
- Unleistbarkeit: Ein Gespräch mit einem sehr privilegierten Wiener Ehepaar führt zu der impliziten Empfehlung, dass man ohne „Sorglos-Paket“ definitiv kein E-Auto kaufen sollte und, „wenn man nachhaltig leben möchte, muss man sehr viel Geld ausgeben“. Gänzlich unerwähnt bleibt dabei, dass Fahrräder und Öffis in Wien und andernorts das weitaus günstigere und probatere Mittel zu einer nachhaltigeren Mobilität als das Automobil sind.
- Erneuerbare zu teuer: Es wird anhand einer einzelnen Begegnung an einer Autobahn-Ladestation, die offenbar einen besonders dreisten Fall von Wucher in den Mittelpunkt rückt, der Eindruck vermittelt, dass die Energiekosten beim E-Auto sogar weitaus höher seien als beim Verbrenner.
- Kleinreden von gut ausgebauter Ladeinfrastruktur: In einer bizarr wirkenden Interviewsituation wird der befragte Experte für Ladeinfrastruktur mit Unterstellung einer sachfremden Parteilichkeit mehrmals in seinem Erklärungsversuch unterbrochen, warum das Vollpflastern des öffentlichen Raums mit Ladestationen in vielen Gemeinden und Städten inzwischen weder gewünscht noch notwendig ist. Dies lenkt von der einzig wesentlichen Aussage ab, nämlich dass E-Auto-Fahrende in Österreich inzwischen auf ein sehr gut ausgebautes Ladenetz zählen können.
- Hybrid als Conclusio: Eine „brainwashed“ Konsumentin wähnt sich nach dem abwechslungsreichen Schleuderkurs neben Hanno Settele durch die Dok 1 Sendung mit einem doch lieber Hybrid-Auto auf der richtigen Seite.
Am Ende bleiben bei Österreichs Konsumentinnen und Konsumenten mehr Zweifel als Fakten hängen, denn es ist durch eine unglückliche Schwerpunktsetzung passiert, dass durchaus ernsthafte Zweifel am Verbrenner-Ende geschürt sind. Dem Wiedererstarken des Verbrenners wurde in dieser Dokumentation in Wort, Bild und Botschaft zugearbeitet und den Menschen der persönliche nächste Schritt in die Klimakatastrophe schmackhaft gemacht.
Link zur Sendung
Dok 1 – „Mit oder gegen den Strom – Wohin steuert das E-Auto?“, Erstausstrahlung am 27.11.2024, ist bis 26.05.2025 unter folgendem Link abrufbar:
https://on.orf.at/video/14252911/dok-1-mit-oder-gegen-den-strom-wohin-steuert-das-e-auto
Transkript
Kontaktaufnahme mit Redaktionsteam
Mit vermeintlich unverfänglichen Botschaften mit Augenzwinkern lieferte der ORF einen nicht zu unterschätzenden Beitrag dazu, dass zur Befriedigung der Gier der Weltverbrenner der entscheidende Kampf um die Zukunft der Menschheit auch hierzulande verloren gehen könnte.
Wir haben daher Kontakt mit dem Redaktionsteam aufgenommen und hoffen auf einen weiterführenden konstruktiven Austausch.